SPD Karlsdorf-Neuthard

Gemeinsam vorwärts. Für Karlsdorf-Neuthard.

Haushaltsrede 2017

Veröffentlicht am 20.12.2016 in Gemeinderatsfraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,

unterm Strich neigt sich ein gutes Jahr für Karlsdorf-Neuthard seinem Ende entgegen. Erneut sprudeln die Steuereinnahmen und viele Projekte, die schon lange auf der Agenda standen, konnten in 2016 wie geplant abgeschlossen bzw. entscheidend vorangebracht werden. Auf Letztere, die uns in 2017 sicher beschäftigen werden, möchte ich im Folgenden näher eingehen.

Zunächst ist da das neue Feuerwehrhaus zwischen den beiden Ortsteilen. Mit ihm soll die zu einer Einheit vereinigte Feuerwehr Karlsdorf-Neuthard bis Ende 2018 ein bedarfsgerechtes Domizil erhalten. An dieser Stelle möchten wir uns bei unserer Feuerwehr bedanken, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt hat. Durch eine im Landkreis bislang einmalige Fusion wird die für eine Gemeinde so wichtige Leistung zukunfts- und leistungsfähig ausgerichtet. Mit einer beeindruckenden Fusionsfeier endete im vergangenen Oktober ein jahrelanger und letztlich erfolgreicher Prozess des personellen Zusammenwachsens.

Wir freuen uns, dass das neue Haus diese Einheit auch nach außen sichtbar und die Arbeit der Feuerwehr sicherer und effektiver machen wird. Die Planungen in 2017 werden zeigen, ob die veranschlagten Gesamtkosten in Höhe von 3 Mio. € ausreichen. Skepsis ist durchaus angebracht.

Die 2. Sporthalle kommt und zwar als ca. 2,5 Mio. € teurer Anbau an die Nordseite der bestehenden Altenbürghalle. Diesen Gemeinderatsbeschluss begünstigt hat sicherlich die Aussicht auf umfangreiche Zuschüsse und Steuerersparnisse, wodurch sich der Kostenanteil der Gemeinde auf ca. 1,8 Mio. € begrenzen soll. Es ist dennoch eine beachtliche Summe für eine Freiwilligkeitsleistung. Zumal nicht unerhebliche Betriebsfolgekosten anfallen werden. Es galt also zwischen den berechtigten Interessen der Sportvereine und der zukünftigen Finanzlage der Gemeinde abzuwägen. In unserer Fraktion gab und gibt es dazu beide Positionen.

Für die umfangreiche Sanierung der Schönbornschule, wofür wir uns schon lange Jahre einsetzen, soll nun endlich mit der Planung begonnen werden. Herr Bürgermeister Weigt hat dies auf der diesjährigen, rundum  gelungenen, 50-Jahr-Feier der Schule zugesagt und auch die neue CDU-Kultusministerin plant, entgegen einigen Erwartungen vor der Wahl, nun doch keinen grundlegenden Umbau im Schulsystem. So scheint die Zeit der regelmäßigen Verschiebungen dieses Projektes tatsächlich zu Ende zu sein. Enden würden mit der Umsetzung bauliche Missstände, die Provisorien für Kernzeitbetreuung und Mensa, sowie die Platzprobleme im Jugend- und Familienzentrum.

Wie in den vergangenen Jahren steht erneut eine Kindergartenerweiterung an. Im St.-Franziskus-Kindergarten soll eine zusätzliche Gruppe für 1- und 2-jährige Kinder entstehen. Die Gemeinde setzt damit den jüngst vom BGH bekräftigten Rechtsanspruch um, wonach Kinder ab einem Jahr Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben. Raumreserven sind keine mehr vorhanden, weshalb verschiedene Erweiterungsalternativen betrachtet werden müssen.  Unserer Fraktion ist es dabei wichtig, dass diese Alternativen auch zukünftige Optionen z. B. für eine Mensa berücksichtigen.

Eine dringend notwendige Infrastrukturmaßnahme stellt die Verbesserung der Breitbandversorgung im Industriegebiet Ochsenstall dar. Nach der Anbindung unserer Gemeinde an das überregionale Glasfasernetz der landkreiseigenen Kabelgesellschaft, steht im kommenden Jahr für rund 660.000 € die direkte Versorgung der dortigen Gewerbebetriebe an. Diese Investitionskosten sollen sich durch die monatlichen Anschlusskosten der Nutzer über die Jahre amortisieren.

Auch auf Anregung der SPD-Fraktion hin wurden in 2016 die Weichen für alternative und zeitgemäße Bestattungsformen gestellt.  So sollen zukünftig in den örtlichen Friedhöfen, zusätzlich zu den bisherigen Formen, gärtnerbetreute Grabfelder angelegt und Flächen für anonyme Bestattungen ausgewiesen werden.

Also alles gut? Leider nein! Zwar ist für 2017 eine Zuführungsrate in Höhe von ca. 1,8 Mio. € und keine neue Kreditaufnahme geplant, was nicht jede Gemeinde im Umland schafft. Den 1,8 Mio. € Überschuss stehen jedoch rund 6,4 Mio. € an geplanten Investitionen gegenüber. Diesen Unterschied gleichen wir, neben Bundes- und Landeszuschüssen, im wesentlichen durch Grundstücksverkäufe und einer umfangreichen Entnahme aus der Rücklage,  d. h. unseren Reserven aus. Man kann also sagen wir leben, trotz der außergewöhnlich guten Wirtschaftslage, deutlich über unsere Verhältnisse. Das wäre nicht ganz so schlimm, wenn sich dies in den Folgejahren ändern würde. Tut es aber aller Voraussicht nach nicht!

Darüber hinaus gibt es Themen, bei denen heute noch unklar ist, in welcher Weise sie sich in 2017 entwickeln werden.

Dazu zählt sicherlich das Thema Flüchtlinge. Vor nicht mal einem Jahr kamen die ersten in unserer Gemeinde an. Sie wurden im eilig zur Notunterkunft umgebauten ehemaligen Penny-Markt einquartiert. Die Prognosen für weitere Zuweisungen zeigten damals steil nach oben. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben sich davon jedoch nicht beeindrucken lassen. Sie kümmerten sich von Anfang an mit großen Engagement ehrenamtlich um diese Menschen und tun dies immer noch. Diese Zuwendung und auch die Offenheit der Gesamtbevölkerung haben dazu beigetragen, dass diese Ausnahmesituation bislang sehr gut gemeistert wurde. Dafür allen Beteiligten unseren herzlichen Dank!

Bekanntermaßen haben sich die ursprünglichen Prognosen für den weiteren Zuzug aufgrund der internationalen Entwicklungen nicht bestätigt und die Notunterkunft in Neuthard ist schon wieder Geschichte. Die Flüchtlinge beziehen in Kürze einen neben der aktuellen Containeranlage neu erstellten Massivbau an der Autobahn in Karlsdorf. Etliche der Flüchtlinge haben unsere Gemeinde bereits wieder verlassen, manche verlassen müssen. Eine verlässliche Aussage zur weiteren Entwicklung ist unmöglich. Aus menschlicher, aber auch wirtschaftlicher Sicht ist es wichtig, dass die Integration jener Menschen, die im Asylverfahren ein Bleiberecht erhalten, gelingt. Hier sehen wir vor allem den Bund in der Pflicht, welcher die Asylverfahren und entsprechenden Regelungen verantwortet, sowie die nötigen Finanzmittel bereitstellen sollte. Kommune und Ehrenamtliche können dies nicht dauerhaft leisten.

Unmittelbar bevor steht die Entscheidung zur Zukunft der Zehntscheuer beim alten Friedhof in Karlsdorf, eines der ältesten Gebäude im Ortsteil. Die neu gegründete Bürgerstiftung Karlsdorf-Neuthard engagiert sich in hohem Maße für deren Erhalt. Sie kümmert sich um eine mögliche Finanzierung aus Spenden und Fördermitteln und erstellt derzeit ein Konzept zur Sanierung und Nutzung der Immobilie. Auf Basis dieses Konzeptes trifft der Gemeinderat in einer Sondersitzung noch in 2016 die Entscheidung über den Kauf des Anwesens. Die SPD-Fraktion steht dem Erwerb durch die Gemeinde und dem Erhalt der Zehntscheuer durch die Bürgerstiftung positiv gegenüber.

Etwas im Schatten von solchen „Leuchtturm“-Projekten stehen weitere Themen, die sich aber dennoch auf unser Gemeindeleben auswirken. Dazu einige Beispiele.

Erneut befassen müssen wir uns mit den Bebauungsplänen zur Innerortsbebauung, da die vom Gemeinderat beabsichtigte Begrenzung  auf eine Wohneinheit je 200 qm Grundstücksfläche vor Gericht keinen Bestand hatte. Von einer eher restriktiven Begrenzung sind wir aber nach wie vor überzeugt, um eine zu intensive Verdichtung zu verhindern. Allerdings räumen wir, insbesondere hinsichtlich der absehbaren demografischen Entwicklung, der Innerortsbebauung gegenüber der Erschließung neuer Baugebiete an den Ortsrändern Vorrang ein. Schließlich sollen auch in unserer Gemeinde bereits in wenigen Jahren die Einwohnerzahlen sinken. Derzeit gibt es keinerlei Angaben, wie stark sich dadurch die Leerstände erhöhen. Deshalb haben wir die Verwaltung aufgefordert, auf Basis der vorhandenen Daten hierfür eine grobe Abschätzung zu erstellen. Das ist aus unserer Sicht sicherlich hilfreicher, als vor dieser Entwicklung die Augen zu verschließen.

Der leider zunehmenden Respekt- und Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Mitmenschen geschuldet ist die Einrichtung eines kommunalen Vollzugsdienstes. Dieser hat insbesondere die Aufgabe das Parken und die Einhaltung der örtlichen Polizeiverordnung zu überwachen und ggf. mit Bußgeldern zu ahnden. Vielfach lässt sich z. B. beobachten, dass Gehwege komplett zu geparkt werden, so dass Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen. Solches Verhalten soll nicht länger toleriert werden.

Befürwortet haben wir auch eine kameragestützte Bestandsaufnahme unserer Straßen- und Gehwegsoberflächen und deren anschließende Klassifizierung nach Schadensklassen. Neben der bilanziellen Bewertung aller Verkehrsflächen für die Umstellung des Haushaltsrechts, soll zukünftig anhand dieser Daten das jährliche Sanierungsbudget möglichst effektiv eingesetzt werden. In unserer Gemeinde haben wir über 50 Kilometer an Straßen. Wenn wir die Kosten der wenigen sanierten Kilometer der vergangenen Jahre betrachten, so kann man nur erahnen, welche Aufwände da noch vor uns liegen.

Auch wenn Karlsdorf-Neuthard sicherlich kein Klimaschutzprimus ist, so konnten wir in 2016 diesbezüglich doch einiges erreichen. Mit unserer Zustimmung beschlossen wurde der Aufbau einer Photovoltaikanlage beim Wasserwerk, die Erarbeitung eines integrierten Quartierskonzept zur Erstellung einer mittel- bis langfristigen Klimaschutzstrategie und die Beschaffung von elektrisch betriebenen Car-Sharing-PKWs. Umgesetzt wurde der Bau eines Kindergartens in Passivhausstandard und der teilweise Austausch konventioneller Leuchten durch LED-Beleuchtung in Straßen und Gebäuden. Konkrete Verbesserungen für Personal und Energiebilanz sind in 2017 durch Wärmedämmmaßnahmen am Rathaus Karlsdorf zu erwarten. Für die Altenbürghalle ist darüber hinaus der Austausch der veralteten Heizungsanlage durch eine moderne Gasbrennwertanlage mit Holzpelletunterstützung vorgesehen.

Etwas teurer wird das Leben in 2017 leider auch. Zur Verbesserung der Kostendeckung ist es notwendig, die Gebühren für das Trinkwasser, Abwasser und Bestattungen zu erhöhen. Nur für wenige wird sich hingegen die Erhöhung der Vergnügungssteuer um 3 Prozentpunkte auswirken.

Nicht zufrieden kann man mit der Verkehrsbelastung in unserer Gemeinde sein. Bei der A5 wird die Sanierung der Fahrbahnen mit schallreduzierendem Asphalt wohl die einzige Maßnahme aus dem teuer bezahlten Lärmaktionsplan bleiben. Dieser basiert auf reinen Berechnungen, ohne jegliche Messungen vor Ort. Es bleibt einem unverständlich, warum man bei einem mit über 140.000 Autos pro Tag am stärksten belasteten Autobahnabschnitts in Deutschland sich seitens des Bundes auf ein solches Verfahren beruft, und nicht alles tut, um die Belastung der Anlieger zu minimieren. Leider hat auch der Gemeinderat mehrheitlich unsere Forderung nach einem Tempolimit auf der A5 abgelehnt und damit den erstellten Forderungskatalog freiwillig begrenzt.

Dem mit der wachsenden Bevölkerung zwangsläufig zunehmenden innerörtlichen Verkehr kann man nicht verhindern. Es bleiben lediglich die Überwachung der vorgegebenen Geschwindigkeiten und möglichst gute Alternativangebote zum Auto.

Eine völlig neue, gewaltige Gefährdung hinsichtlich Lärmbelastung und Landschaftsverlust zeichnet sich durch den neu verabschiedeten Bundesverkehrswegeplan 2030 ab. Dieser sieht eine Güterbahntrasse zwischen den beiden Ortsteilen vor. Diese Planung lehnen wir komplett ab. Die Verwaltung bleibt aufgefordert, alle Möglichkeiten zur Abwendung deren Umsetzung auszuschöpfen.

Für 2017 besteht ein bisschen Hoffnung, dass es bei den Themen Erweiterung Pflegeheim und sozialem Wohnungsbau positive Entwicklungen geben wird. Mehr als in den vergangenen Jahren muss es Ziel sein, sich wieder  am ursprünglichen Gedanken des sozialen Wohnungsbaus zu orientieren.

Man stelle sich das Leben in unserer Gemeinde ohne das Engagement unserer Vereine vor! Es wäre um vieles Liebgewonnenes ärmer und die ohnehin um sich greifende Individualisierung der Gesellschaft die Norm. Anlässlich der 25-jährigen Partnerschaft mit Nyergesújfalu möchten wir in diesem Jahr unsere beiden Partnerschaftsvereine hervorheben, die unsere internationalen Verbindungen nach Ungarn und Brasilien durch regen Austausch und gegenseitige Besuche pflegen. Sie zeigen beispielhaft, was sich in Gemeinschaft alles erreichen lässt.

Viele Vereine haben bereits Nachwuchssorgen und immer mehr zu beachtende Normen und Regelungen erschweren die Vereinsarbeit zusätzlich. Deshalb stehen die Mittel zur Vereinsförderung für die SPD-Fraktion auch in 2017 nicht in Frage.

Sollten Sie an der ein oder anderen Stelle konkrete Kosten vermisst haben, so erläutern Ihnen diese gerne bei einem persönlichen Gespräch.

Unser Dank gilt allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich in 2016 in irgendeiner Weise für unsere Gemeinde und deren erfolgreiche Weiterentwicklung engagiert haben.

Wir bedanken uns bei Herrn Bürgermeister Weigt und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung für die gute Zusammenarbeit; heute insbesondere bei Herrn Milani und seinem Team für die Erläuterungen zum Haushalt.

Danke auch an die Fraktionen der CDU, FWV und GLKN für die stets konstruktive Zusammenarbeit im Gemeinderat.

Die SPD-Fraktion stimmt dem vorliegenden Haushalt für 2017 zu. Dies gilt auch für die Haushalte der beiden Eigenbetriebe.

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